unverschämte Fragen・unverstellte Antworten

Olaf Glomke
„Badewanne, Eisbecher, Shoppen gehen!”

OLAF GLOMKE, PFARRER UND SEELSORGER

59 JAHRE
SEELSORGER IN BRANDENBURGER PFLEGEHEIMEN

Ein Pfarrer, der rät shoppen zu gehen? Wann es sich lohnt auch mal egoistisch zu sein.

Ich werde bei der Pflege aggressiv. Was tun?

„Ich merke immer wieder, dass einige ältere Menschen ziemlich hohe Ansprüche haben. Sie wollen am liebsten immer betreut werden, nie allein sein. Das ist als Angehöriger mit einem Job kaum zu stemmen. Auf Dauer überfordert es total, zu merken: Ich tue alles, aber trotzdem reicht es nicht. Das kann aggressiv machen. Ich kann das gut verstehen und will da vor allem eines raten: Achten Sie gut auf sich! Gehen Sie aus einer Situation sofort raus, wenn Sie merken, dass Sie aggressiv werden. Am besten kurz den Raum verlassen, durchatmen. Sonst kann es schnell passieren, dass man ungerecht wird, die Aggressivität auslebt. Natürlich darf man auch mal sagen: Jetzt ist aber genug! Wenn die eigene Wut aber immer wieder hochkocht, muss man sich schon überlegen: Kann ich der Pflege noch gerecht werden? Und mir auch? Auf lange Sicht finde ich es wichtig sich immer wieder Zeit für sich selbst zu nehmen: Badewanne, riesiger Eisbecher, Shoppen gehen – was hilft, das muss jeder selbst entscheiden.”

Protokoll: Hannah Weber


Ins Detail

Claudia Gratz

“Wir sind nicht die Pflegepolizei”

Beleidigungen, Anschreien, Gewalt: Konfliktberaterin Claudia Gratz berät bei “Pflege in Not” in Potsdam verzweifelte Angehörige. Ein Muster, das sie bei vielen Fällen sieht: Überforderung. Von Jannis Byell