unverschämte Fragen・unverstellte Antworten

Hände von Ingrid Müller*
„Ich wollte ihnen das nicht mehr zumuten”

INGRID MÜLLER*, PFLEGEHEIMBEWOHNERIN

89 JAHRE
WOHNT IM SENIORENHEIM IN NEUSTADT (DOSSE)

Drei Söhne, fünf Enkel und vier Urenkel – in Ingrid Müllers* Zimmer stehen überall Fotos. Doch nur ein Kind kommt zu Besuch.

Schulde ich es meinen Angehörigen, dass ich sie persönlich pflege?

„Ich habe schon erwartet, dass die Kinder sich kümmern, wenn es mir mal schlecht geht. Mein ältester Sohn macht das auch. Vor dem Heim habe ich im Haus gewohnt, das mein Mann und ich gebaut und noch vor der Rente abbezahlt haben. Wir hatten es so schön. Leider ist mein Mann schon vor einigen Jahren verstorben. Mein Sohn hat dann mehrmals am Tag nach mir geschaut. Er hat sich um das Haus gekümmert und immer den Rasen gemäht. Das konnte ich zuletzt nicht mehr selbst machen. Es ist auch zu viel verlangt von ihm, er hat schließlich noch sein eigenes Haus, um das er sich kümmern muss. Ich war oft krank und habe dann gesagt, dass ich ins Heim gehe. Ich wollte meinen Kindern nicht zumuten, dass sie mich pflegen müssen. Und andere leben schließlich auch im Heim.
Mein Sohn kommt mich zwei, dreimal die Woche besuchen und versorgt mich mit allem, was ich so brauche. Er holt mich auch öfter mal am Wochenende ab. Dann kommen auch die Enkelkinder und wir gehen zusammen essen. Abends bringen sie mich wieder zurück. Der gibt sich schon viel Mühe. Trotzdem ist es hier nicht wie früher in unserem Haus. Zuhause ist eben zuhause.”

Protokoll: Sophie Goldau

*Name von der Redaktion geändert


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