unverschämte Fragen・unverstellte Antworten

Sigrid Bismark
„In den ersten Wochen hatte ich Heimweh”

SIGRID BISMARK, PFLEGEHEIMBEWOHNERIN

71 JAHRE
WOHNT IM SENIORENHEIM IN NEUSTADT (DOSSE) 

Sigrid Bismark kommt gerade vom Supermarkt. Sie hat sich Schokolade gekauft, die sie mit ihren Freundinnen im Heim teilt. Sie und ihre Clique sitzen fast jeden Tag im Wintergarten und spielen „Mensch ärgere dich nicht”.

Kann ich meine Angehörigen zwingen ins Heim zu gehen?

„Ich habe es mir nicht ausgesucht, dass ich jetzt im Heim lebe. Ich bin eines Tages in meiner Wohnung umgekippt und lag dort drei Tage lang, bis meinem Nachbar auffiel, dass sich das gelieferte Mittagessen vor meiner Tür stapelte. Drei Wochen war ich im Krankenhaus und danach bei der Reha. Zuhause musste ich meine Sachen packen, dann sind wir hierhergefahren. Wer das direkt entschieden hat, weiß ich nicht, wahrscheinlich mein Betreuer. Im Prinzip wurde ich also gezwungen, es ging nicht anders. In den ersten Wochen hatte ich Heimweh. Inzwischen fühle ich mich aber wohl. Ich wüsste nur gerne, was aus der Wohnung und meinen Sachen geworden ist.”

Protokoll: Sophie Goldau


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