unverschämte Fragen・unverstellte Antworten

Dorothee Unger
„Nicht alle können gleich viel beitragen”

DOROTHEE UNGER, PSYCHOLOGIN

69 JAHRE
PSYCHOLOGIN IN BERLIN

Die Eltern werden von heute auf morgen pflegebedürftig. Wer hilft? Wer entscheidet? Zu Psychologin Dorothee Unger kommen Patienten, die sich mit ihren Geschwistern darüber zerstreiten.

Geschwisterstreit um die Elternpflege: Was ist die Lösung?

„Das kommt häufig vor. Ich erinnere mich an eine Beratungssitzung mit einer Frau, die mit drei Schwestern nur noch per einen Anwalt kommunizierte, weil der Streit um die Pflege des Vaters so eskalierte. Manche Konflikte haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit: ungelöste Probleme, Rivalitäten, Verletzungen. Andere Gründe liegen im Jetzt: oft finanzielle Fragen wie Erbschaft oder Hausverkauf. Viele fühlen sich überfordert oder finden die Last der Pflege ungerecht verteilt – etwa, weil einige beruflich stark eingespannt oder weiter weg wohnen, während andere mehr leisten. Wichtig ist, die Konflikte offen anzusprechen: Warum fühlt sich jemand vernachlässigt? Welche alten Themen sind noch nicht gelöst? Das kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Dann sollte man realistisch schauen: Wer kann was leisten? Alle sollten akzeptieren, dass nicht jeder gleich viel beitragen kann. Jeder hilft auf seine Weise: emotional, finanziell oder praktisch. Solche Gespräche sind herausfordernd. Eine neutrale Person, wie ein unbeteiligtes Familienmitglied oder ein Berater kann dabei unterstützen. Auch wenn es schwer ist, lohnt sich dieser Prozess. Wenn Geschwister gut zusammenhalten oder zusammenarbeiten, profitieren alle – und erkennen: Ich bin nicht allein. Wer das Thema Pflege anspricht, solange die Eltern noch fit sind, kann viele Konflikte vermeiden. Auch wenn es schwerfällt, ist es hilfreich, Gelegenheiten zu nutzen und das Thema behutsam anzusprechen.”

Protokoll: Felix Leitmeyer


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