unverschämte Fragen・unverstellte Antworten

Dieter Birnbacher
„Pflege ist wie Kinder aufziehen”

DIETER BIRNBACHER, MEDIZINETHIKER

78 JAHRE
MEDIZINETHIKER IN DÜSSELDORF

Den nächsten Schritt auf der Karriereleiter machen? Für Medizinethiker ein valider Grund die Pflege der Eltern hintenanzustellen.

Schulde ich es meinen Angehörigen, dass ich sie persönlich pflege?

„Ja, auf jeden Fall schulden die Kinder ihren Eltern etwas! Das kann man einen Art Generationenverstrag nennen, die Eltern haben selbst viel Zeit in die Kinder investiert und auf vieles verzichtet. Ich finde es berechtigt, dass die Eltern zumindest einen Teil zurückhaben wollen. Aber es gibt natürlich Bedingungen, die so eine Verpflichtung abschwächen: Zum Beispiel, wenn die Kinder weit weg wohnen oder einen wichtigen Karriereschritt machen, den sie nicht verpassen wollen und aus Sicht der Eltern vielleicht auch nicht verpassen sollten. Schwieriger wird es, wenn die Eltern von ihren Kindern erwarten sie zu pflegen, die Kinder es aber nicht wollen.
In solchen Fällen muss man prüfen, ob das Bequemlichkeit ist oder tiefere Wurzeln hat. Es gibt eine ganze Reihe an Eltern-Kind-Beziehungen, die zerrüttet sind. Zum Beispiel, wenn eine tiefe Abneigung besteht, dann sollten dieses ethische Verpflichten nicht aufrechterhalten werden. Unter diesen Umständen kann es besser sein, wenn die Kinder die Pflege nicht zugemutet bekommen, sondern die bedürftigen Eltern im Heim untergebracht werden.”

Protokoll: Viviane Menges


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