unverschämte Fragen・unverstellte Antworten

Katja Wendland
„Kein Mensch will verwahrlosen”

KATJA WENDLAND, PFLEGEKOORDINATORIN

52 JAHRE
PFLEGEKOORDINATORIN IM LANDKREIS DAHME-SPREEWALD

Hausbesuche, Sprechstunden, einen Platz in der Senioren-WG finden: Katja Wendland ist als Pflegeberaterin unterwegs. Sie sagt: Selbstbestimmung, ja. Verwahrlosung, nein.

Kann ich meine Angehörigen zwingen ins Heim zu gehen?

„Solange jemand bei klarem Verstand ist, darf ich ihn nicht zwingen, in ein Heim zu gehen. Bei den Betreuungsbehörden und dem sozialpsychiatrischen Dienst heißt es dann immer: Es gibt ein Recht auf Verwahrlosung. Ich sehe das etwas anders: Ich denke, kein Mensch will aus eigenem Antrieb verwahrlosen. Wenn Angehörige merken, dass die Eltern zu Hause nicht mehr klarkommen, sollten sie das ansprechen und sagen: ‘Ich bin da, um euch zu helfen.’ Das kann schwierig sein, weil sich das Rollenverhältnis umkehrt: Ich als Kind sage den Eltern, was sie machen sollen. Das war das ganze Leben lang umgekehrt. Es ist wichtig zu wissen, dass das Heim nicht die einzige Option ist. Viele Menschen denken: entweder zu Hause oder ins Heim. Aber das stimmt nicht. Man kann vielfältige Unterstützung in Form von ambulanter Hilfe bekommen. Und wer durch den ambulanten Pflegedienst schon gewohnt ist, dass mal eine fremde Person kommt, dem fällt später der Schritt ins Heim auch leichter.”

Protokoll: Pauline Pieper


Ins Detail

Claudia Gratz

“Wir sind nicht die Pflegepolizei”

Beleidigungen, Anschreien, Gewalt: Konfliktberaterin Claudia Gratz berät bei “Pflege in Not” in Potsdam verzweifelte Angehörige. Ein Muster, das sie bei vielen Fällen sieht: Überforderung. Von Jannis Byell